Verletzungsbedingte Ausfälle, taktische Zwänge, in jedem Spiel anders eingestellte Gegner, jeder eigene und jeder gegnerische Spielzug eine neue Herausforderung: Was die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft – neudeutsch „La Mannschaft“ – von Turnier zu Turnier, von Spiel zu Spiel erlebt, gilt auch für Arbeitsteams: Sie verändern sich und entwickeln sich stetig weiter, werden erfolgreicher oder scheitern. Umso wichtiger ist, dass Führungskräfte ihre Teams nicht statisch betrachten, sondern als lebendige Systeme. Team-Entwicklung zu verstehen ist die Basis für das Führen von Teams. Daher steht das Thema bei Team-Coachings genauso wie bei Führungskräfte-Coachings häufig an erster Stelle der Tagesordnung.
Team-Uhr
Das bevorzugte Modell, den Prozess der Team-Entwicklung darzustellen, ist die Team-Uhr. Sie besteht aus vier Feldern, die im Uhrzeigersinn durchlaufen werden. An erster Stelle – des Prozesses, selten der Realität – steht das Forming, das Aufstellen eines Teams. Auch wenn in einer bestehenden Arbeitseinheit seltener ein Team neu formiert wird, sondern viel häufiger bestehende Teams neue Führungskräfte bekommen, ist diese Phase entscheidend für den gesamten Prozess. Denn der Knackpunkt jeder Team-Entwicklung, der in vielen Fällen vergessen wird, ist, dass ein Team bei jeder Veränderung neu in diese Startphase gerät.
Die Veränderungen, die ein Team treffen können und die den Wiedereintritt in die Formingphase erzwingen, sind vielseitig: Neue Team-Mitglieder, veränderte Beziehungen der Team-Mitglieder zueinander, Beförderung eines Mitgliedes zur Führungskraft, Veränderungen in der äußeren Umwelt der Firma, zum Beispiel Ziele und Werte, die sich verändern etc. pp.. Sowohl bei neuen Teams als auch bei Teams nach grundlegenden Veränderungen gilt: Zeit und Respekt für die ersten Entwicklungsschritte. Ein simples „Ran an die Arbeit!“ setzt die Basis für Performance-Verluste bis hin zum Scheitern von Teams.
Die vier Phasen der Team-Entwicklung
Die vier Phasen der Team-Entwicklung sind: Forming, Storming/Konflikte, Norming/Normierung, Performing/Produktivitätsphase.
- Merkmale der ersten Phase – des Formings – sind: Sich kennen- und (ein)schätzen lernen, belastbare Kontakte knüpfen. Der Umgang ist meist etwas unsicher, abtastend, die einzelnen Teilnehmer verhalten sich normalerweise sozial kompatibel. Wichtige Ziele
sind das „Beschnuppern“, das Einnehmen von – durch unterschiedliche Charaktere und Kompetenzen bedingte – Rollen, das „Wir-Gefühl“. - Dem schließt sich die unruhige zweite Phase an, das Storming, in der Konflikte auftreten und gelöst werden müssen. Es bilden sich Koalitionen, Team-Mitglieder, die sich gut verstehen, verbünden sich, positionieren sich zum Beispiel gegen Einzelgänger im Team, gegen die Führungskraft, die Arbeitseinheit an sich. Meinungsverschiedenheiten kochen hoch, es kommt zu Machtspielchen.
Von besonderer Bedeutung ist, dass diese Phase durchlebt wird, auch und gerade in harmoniefreudigen Zeiten und Institutionen. Ein Team muss lernen, Konflikte auszutragen und auszuhalten. Nur so entwickelt sich eine gesunde Feedback- und auch Streitkultur, die die Produktivität später nicht stört. - Bei erfolgreicher Phase 2 schließt sich das Norming an. Die Team-Mitglieder akzeptieren die Unterschiedlichkeit der einzelnen, haben eine Arbeits- und Diskussionsebene gefunden. Sie entwickeln sich, auch wenn nicht alle beste Freunde von allen sein können und sollen, vom „Ich“ zum „Wir“. Jetzt verfestigen sich die Rollen der einzelnen, das Team findet sich und setzt Regeln, wie die Mitglieder miteinander umgehen und arbeiten wollen.
- Erst jetzt – und das mag in etlichen Institutionen später sein als erwartet – startet die Phase des Performings: Das Team geht „ran an die Arbeit“, es produziert. Dabei kann es Konflikte aushalten, ohne dass die Team-Performance belastet ist, die gesamte Team-Leistung kann durchaus höher sein als die Leistung der einzelnen in der Summe. Die Arbeit wird effizient, kreativ und flexibel erledigt, das Team agiert – bei aller Unterschiedlichkeit der einzelnen – wie aus einem Guss.
Hat das Team genügend Zeit für die Phasen eins bis drei, lohnt sich das auch für die Institution, dem es angehört. Das Team ist produktiver und lässt sich nicht von Konflikten und Veränderungen aus der Bahn werfen.
Team- und Führungskräfte-Coaches fokussieren insbesondere die zweite, stürmische Phase.
Sie machen klar, dass Konflikte nichts Schlimmes sind, sondern wichtig für die Team-Entwicklung. Ein gutes Team muss auch streiten können. Daher gestalten Coaches die Konfliktphase in respektvollem Umgang miteinander. Sie bringen Team und Führungskraft ganz bewusst dazu, die richtigen Bedingungen für eine leistungsfördernde Zusammenarbeit zu finden. Last but not least: Bei jeder grundlegenden Veränderung stellen sie – genau wie die Coaches von „La Mannschaft“ – die Team-Uhr „auf null“. Ein neues Team-Mitglied beispielsweise verändert das gesamte bisherige Teamgefüge, da gehört mehr dazu als „Das ist Horst Schmidt, der Neue – und jetzt ran an die Arbeit!“ Team-Coachings sind eine Königsdisziplin des Coachings und sind daher ausführlicher Bestandteil der Arbeit der Coachingausbildung-Akademie.