Noch bevor wir mit einem anderen Menschen, dem wir begegnen, auch nur einen Satz gewechselt haben, haben wir uns nonverbal ausgetauscht: manchmal duelliert, manchmal stillschweigend geeinigt, manchmal hat einer nachgegeben – ganz allein durch Körpersprache, denn die sagt mehr als Worte.
Unbewusst reagieren Menschen sehr deutlich auf diese nicht gesprochene Ausdrucksform. Untersuchungen haben ergeben, dass wir bei der Begegnung mit anderen nur zu 7 Prozent auf das Gesagte reagieren, aber zu 38 Prozent auf die Stimme und zu 55 Prozent auf die Körpersprache.
Körpersprache
Körpersprache bezeichnet einen gewichtigeen Teil des Sozialgefüges innerhalb einer Gesellschaft, indem sich die Beziehungsqualität zwischen zwei Personen immer durch Statusverhalten ausdrückt.
Die Körpersprache ist nicht der einzige, aber ein bedeutender Aspekt des Statusverhaltens. Genauso wie Menschen nicht nicht kommunizieren, können sie, wenn sie sich – persönlich, (video-)telefonisch, schriftlich – begegnen, nicht ohne Beziehung zueinander sein.
Status bezeichnet dabei das wahrnehmbare Verhalten einer Person gegenüber einer anderen Person, einer Gruppe von Personen bzw. dem sie umgebenden Raum.
Es gibt drei verschiedene Beziehungszustände, in denen sich eine Person gegenüber seiner Umwelt befinden kann:
- Im Hochstatus ist derjenige, der die eigene Überlegenheit oder die Unterlegenheit des/der anderen demonstriert (Kontrolle).
- Im Gleichstatus verdeutlicht die Person die Ebenbürtigkeit mit der Umwelt, sie teilt die Kontrolle.
- Im Tiefstatus ist eine Person, die durch ihr Verhalten die eigene Unterlegenheit bzw. die Überlegenheit des anderen anerkennt und so die Kontrolle abgibt.
Statusverhalten
Statusverhalten ist kein statisches System, im Gegenteil: Es bezeichnet immer eine konkrete Beziehungsqualität in einer konkreten Situation. Ein Lehrer im Hochstatus gegenüber seinen Schülern wird sich überlegen, ob er diesen Status gegenüber Polizisten beibehält, sollte er alkoholisiert in eine Verkehrskontrolle geraten. Gegenseitiges Statusverhalten ist ein Spiel, ein Duell. Eine Person kann den eigenen Status aufdrängen, der Chef seinen Hochstatus, der Partner seinen Gleichstatus, der Bettler seinen Tiefstatus – die andere Person kann wählen, ob sie das Angebot annimmt und das entsprechend dazu passende Statusverhalten zeigt.
So variabel das Verhalten auch ist, so hat doch jeder Mensch einen Lieblingsstatus. Umso wichtiger ist es, diesen zu kennen und sinnvoll damit umzugehen. Ebenso ist es hilfreich, den Status des Gegenübers zu kennen und damit zu agieren, ihn anzuerkennen oder etwas dagegen zu setzen. In einer Partnerschaft beispielsweise geht eine Person gerne voran, ist entscheidungsfreudig, zupackend. Die andere ist zurückhaltender, prüft länger, wartet ab. Gemeinsam sind sie ein gutes Team, dessen Zusammenarbeit aber ins Wanken gerät, wenn Person A plötzlich Zurückhaltung an den Tag legt, oder Person B in einer Situation vorprescht. Hier wie in allen Beziehungen, die Personen untereinander eingehen, zeigt sich, dass die Menschen mit der größten Statusflexibilität am Besten mit anderen interagieren.
Status hat verschiedenste Ausdrucksformen. Darauf achten Menschen zum Beispiel (meistens) unbewusst bei anderen – und reagieren darauf, ebenfalls oft unbewusst:
- Körpersprache: Wie sitzt oder steht jemand, wohin geht der Blick, wie ist der Raumgriff, die Bewegungsdynamik, wie und wo atmet der Klient, gibt es emotionale Geräusche (lachen, hüsteln, stöhnen), negiert die Person beispielsweise jeden eigenen Satz durch ein kurzes Auflachen am Ende?
- Sprechweise: Hat die Person eine dünne oder eine volle Stimme, wo sitzt die Stimme, wie ist die Tonhöhe, die Lautstärke, der Sprachfluss, die Geschwindigkeit?
- Kommunizierter Inhalt: Wie stellt sich die Person selbst dar, wie beschreibt sie andere, die Umwelt, was sagt die Person nicht, welche Themen spricht sie nicht an, welche Repräsentationssysteme sind prägend?
Gesamtverhalten: Hat die Person Humor, ist sie zynisch, kommt sie pünktlich oder zu spät? Geht sie auf andere ein, ist sie reserviert oder emotional offen?
Statusverhalten ist für wahrnehmungsgeschulte Coaches wie ein offenes Buch, denn darin spiegeln sich Wünsche, Identitäten, Glaubenssätze und Selbstbilder. Statusverhalten kehrt das Innerste von Menschen nach Außen. Das macht das Statusverhalten für den wahrnehmungsgeschulten Coach so wichtig wie das Beherrschen einer Fremdsprache für Dolmetscher.
Denn in den meisten Coachings kommt es viel weniger auf das an, was der Klient sagt, sondern wie er es sagt. Die Sprache des Körpers ist meist ehrlicher als die gesprochene. Gerade wenn das wörtlich gesagte mit dem nonverbal gesagten nicht übereinstimmt, ist das ein Signal für Coaches, einzuhaken und der Inkongruenz auf den Grund zu gehen.
Die vermeintlich hellseherischen Fähigkeiten, die Klienten ihren Coaches unterstellen, weil sie zielgenau den Knackpunkt eines Themas treffen, ist also vor allem das Ergebnis guter Wahrnehmungsschule. Sie steht daher auch im Fokus der Coachingausbildung-Akademie – in Theorie und Praxis. Erste Erfahrungen zu diesem Thema sammeln Sie auf unserem 3-Tages-Seminar „Coachingkompetenz“.