Konflikte einzelner mit anderen oder innerhalb von Teams sind der Auslöser vieler Coachings – erfahrene Coaches schicken ihre Kunden oft zurück in die Schule, dieses Mal in die Schule des Wünschens. Dort lernen die Coachees, Wege aus klassischen Konflikt-Verläufen zu finden bzw. den Einstieg in Konflikte zu verpassen. Der Lehrplan ist kurz, die Theorie denkbar einfach und schnell gelernt, die Praxis umso schwerer, wenn im Alltag die gesammelte Palette von Emotionen dazu kommt.
Wichtigstes „Stilmittel“ klassischer Konflikte ist der Vorwurf. Er zeichnet sich durch etliche Merkmale aus, die das Gespräch bzw. die ganze Beziehung der Personen, die sich etwas vorwerfen, zu einem Konflikt eskalieren lassen:
- Du/Sie: Der Vorwurf greift an, stellt den oder die anderen in den Fokus, an den Pranger.
- Generalisierung und Verallgemeinerung: Wörter wie „immer“ oder „nie“ lassen keinen Ausweg offen, das vorgeworfene Fehlverhalten zeigt der/die andere offensichtlich in jeder vergleichbaren Situation.
- Vergangenheitsbezogen: Der Vorwurf richtet den Blick zurück, er will nicht lösen, sondern abrechnen, vergangene Verletzungen zurückgeben.
- Oberflächlichkeit: Der gelungenste Vorwurf bezieht sich nicht auf einen konkreten Vorfall, sondern bleibt diffus, damit der Delinquent auch nicht die geringste Chance hat, ein konkretes Verhalten zu erklären oder ein Missverständnis auszuräumen.
- Beziehungsgiftwörter sind das Sahnehäubchen eines Vorwurfes und zeichnen die geübten Konfliktpartner aus. In „Könntest Du mal…“ kommt das „mal“ harmlos und neutral daher. Der ebenfalls geübte Konfliktpartner glaubt aber genau zu wissen, dass davor ein „endlich“ oder „auch“ gehört und ihm eigentlich der Vorwurf der Nichtsnutzigkeit gemacht wird.
Mit diesen Zutaten gelingen aus dem Stegreif hervorragende Konflikte. Aber welchen Nutzen haben Vorwürfe in Bezug auf das Fehlverhalten, das sich der Vorwerfende anders wünscht? Nicht den geringsten! Auf „gut gemachte“ Vorwürfe kann KEINE konstruktive Reaktion erfolgen. Sie sind ein Angriff, auf die der Angegriffene auf dreierlei Art reagieren kann und wird:
- Flucht (inkl. Türen schlagen),
- Verteidigung/Gegenangriff („SIE haben doch bisher ALLE Projekte verbockt!“),
- Totstellen (Augen zu, Ohren auf und durchziehen lassen).
Wollen wir eine konstruktive Änderung des Verhaltens des/der anderen erreichen, müssen wir es schlauer angehen. In der Schule des Wünschens lernen die Schüler denn auch, dass Vorwürfe nichts anderes sind als falsch formulierte Wünsche. Gut formulierte Wünsche zeichnen sich durch ganz andere Merkmale aus, die wiederum Lösungspotenziale bieten:
- Ich: Ein Wunsch greift nicht an, er bezieht sich auf den Wünschenden, beschreibt, was dieser benötigt, um froh zu sein.
- Konkret: Der Wunsch beschreibt ganz konkrete Situationen, die dem Wunsch-Empfänger auch ermöglichen zu erklären, warum er den Wunsch nicht erfüllen kann – idealerweise mit einem Gegenvorschlag (Vielleicht kann die Kollegin ja nicht früher zu Arbeit kommen, weil sie das Kind in den Kindergarten bringen muss, dafür schlägt sie vor an einigen Nachmittagen länger zu bleiben…).
- Damit ist das Merkmal der Zukunft angesprochen: Mit Wünschen wollen wir nicht abrechnen, sondern ein besseres Zusammenspiel in den nächsten Wochen, Monaten, Jahren erreichen.
- Ehrliche Wünsche kommen ohne Beziehungsgiftwörter aus.
Die Theorie ist einfach, die Umsetzung schwerer. Sie lässt sich aber üben, denn die Schule des Wünschens ist praktischerweise eine Fern-Schule, jede/r kann es lernen:
- Nehmen Sie einen Zettel im Querformat à la „Stadt, Land, Fluss“ mit fünf Spalten, über denen steht: Person, Vorwurf, Reaktion, Wunsch, Eigenanteil.
- Versetzen Sie sich in einen realen Konflikt mit einer realen Person hinein und formulieren Sie einen wunderbaren, Oscar- und Nobelpreis-würdigen Vorwurf.
- Versetzen Sie sich in die andere Person hinein, spüren Sie nach, was der Vorwurf bei dieser Person auslöst und überlegen Sie die wahrscheinliche Reaktion.
- Wenn Sie diese Reaktion nicht wollen: Formulieren Sie den Vorwurf als Wunsch.
- Notieren Sie Ihren Eigenanteil, d.h. Fragen Sie sich, was Sie sich wirklich wünschen, wollen Sie tatsächlich „nur“, dass Ihr Partner sich an der Hausarbeit beteiligt oder geht es Ihnen nicht viel tiefer um die Wertschätzung Ihres Partners dafür, dass Sie den Haushalt „schmeißen“. Formulieren Sie den Wunsch ggf. um.
Vorwürfe greifen an, rechnen ab und verletzen, Wünsche bieten Lösungsansätze für die Zukunft. Sie machen aber auch verletzlich, denn der Wünschende gibt Gefühle, bspw. Kränkungen und Verletzungen preis, während der Vorwerfende seine wahrscheinlich tiefen Verletzungen mit Waffengewalt verteidigt. Eine Garantie auf Wunscherfüllung gibt es leider nie, da zitieren die Lehrer der Coachingausbildung-Akademie in der Schule des Wünschens gerne den Mitbegründer der Gestalttherapie, Fritz Perls: „Ich bin nicht auf dieser Welt, um Deinen Erwartungen zu entsprechen.“
Diese und andere Modelle lernen Sie in unserer Coachingausbildung. Die ersten Schitte als Coach können Sie mit unserem 3-Tage-Intensiv-Seminar „Coachingkompetenz“ gehen.